Alle reden immer über Artenvielfalt und Biodiversität – aber weißt du eigentlich, was hinter diesen Buzzwörtern steckt? Viele trauen sich vielleicht gar nicht erst zu fragen, aber man muss wirklich kein Wissenschaftler sein, um zu verstehen, warum genau Biodiversität denn so wichtig ist. Ganz im Gegenteil: es macht alles total Sinn!
Hier erklären wir dir – mit Beispielen und Fun Facts – die sechs wichtigsten Gründe, warum es sich für alle lohnt, Biodiversität zu schützen und für ihren Erhalt zu kämpfen. Bestimmt sind ein paar Details dabei, die dich überraschen werden!
1. Biodiversität macht widerstandsfähig – und das ist überlebenswichtig!
Artenvielfalt macht Ökosysteme widerstandsfähiger gegen Schwierigkeiten wie Krankheiten, extreme Wetterlagen oder auch Heuschreckenplagen. Wenn viele verschiedene Arten zusammenarbeiten, kann der Ausfall einzelner oder weniger Arten besser ausgeglichen werden, anstatt dass alles kollabiert. Je weniger Arten es aber gibt, desto schneller kann ein System kippen.
Ein trauriges, aber aussagekräftiges Beispiel aus der sogar noch relativ jungen Geschichte:
Die Große Hungersnot in Irland im 19. Jahrhundert.
Zu dieser Zeit baute Irland fast nur eine Kartoffelsorte an. Als die Kraut- und Knollenfäule auftrat, breitete sich die Krankheit unkontrolliert aus. Die einzelne Kartoffelsorte hatte der Krankheit nichts entgegenzusetzen. Das Ergebnis: Millionen litten Hunger und über eine Million Menschen starben.
In Peru hingegen gibt es tausende Kartoffelsorten, die sich zum Teil sehr voneinander unterscheiden. Es ist dementsprechend fast unmöglich für eine einzelne Seuche, alle Pflanzen gleichzeitig auszulöschen. Genetische Vielfalt schützt also vor Katastrophen und macht Ernährungssysteme robuster – besonders in Zeiten von Klimawandel und globalem Handel.
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Es gibt deshalb sogar “Saatgut-Hüter:innen”! … die “guardianas de las semillas”. Im Heiligen Tal von Peru haben sich Frauen aus unterschiedlichen indigenen Gemeinden zum Projekt Tierra de Yaqchas zusammengeschlossen. Das Ziel: überliefertes Wissen bewahren und weitergeben, Tradition am Leben erhalten und teilen – darunter auch Erbsamen und Praktiken der nachhaltigen Landwirtschaft, durch welche die Biodiversität und Widerstandskraft der Ökosysteme im Tal bewahrt wird.
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Wusstest du, dass …?
… wir uns unbewusst in Leute verlieben, mit denen wir genetisch vielfältige und dementsprechend widerstandsfähige Nachkommen zeugen können?
Genau, das Streben nach genetischer Vielfalt beeinflusst die Partnerwahl bei Menschen! Unser Körper achtet unbewusst auf Unterschiede im Immunsystem. Je größer die genetische Variation zwischen zwei Menschen ist, desto stärker ist meist ihr gemeinsames Immunsystem. Das sorgt für Nachkommen, die widerstandsfähiger gegen Krankheiten sind.
Genetische Vielfalt ist also nicht nur biologisch wichtig, sondern beeinflusst sogar unser Verhalten und wen wir attraktiv finden. Die berühmte „Schweiß-T-Shirt-Studie“ von Claus Wedekind (1995) belegt, dass der Geruchssinn dabei eine große Rolle spielt. Mehr über Wedekinds Studie kannst du hier nachlesen.
„Ich kann dich gut riechen“ bekommt damit einen ganz anderen Klang…
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2. Bienen & Bestäuber = hohe Ernährungssicherheit!
Ohne Biodiversität gäbe es so manches Lieblingsessen nicht, zum Beispiel Schokolade, Kaffee oder Äpfel. Sie sind auf bestäubende Insekten wie Bienen angewiesen. Diese sorgen dafür, dass Pflanzen Früchte tragen. Rund drei Viertel aller Nutzpflanzen hängen davon ab. Wenn Bestäuberarten aussterben, schrumpft dein Speiseplan dramatisch!
Würden die Bienen aussterben, wäre das allein schon eine Katastrophe: Ernten würden drastisch sinken, ganze Ernährungszweige kollabieren, und viele Obst- und Gemüsesorten würden sehr knapp und teuer werden – oder ganz verschwinden.
Wusstest du, dass …?
Schokolade gibt es unter anderem dank bestimmter tropischer Fledermausarten! Sie bestäuben die Kakaoblüten, die so klein und komplex sind, dass nur wenige Tiere das können. Keine Bestäubung = keine Kakaofrucht = keine Schokolade.
Wenn diese flatterhaften Bestäuber aussterben, gibt es weniger Kakao, was die Preise hochtreibt – und Schokolade wäre den Reichen vorbehalten. Artenvielfalt steckt also auch in deinem Lieblingssnack – und hängt buchstäblich nachts kopfüber an einem Baum.
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Aus Liebe zur Schokolade mehr Akzeptanz für Fledermäuse…
Wenn Fledermäuse nicht gerade in Bäumen abhängen, dann sind sie oft auch in den aus Naturmaterialien gebauten Cabañas zu finden – den Häusern der Kichwa-Gemeinschaft Sinchi Warmi im ecuadorianischen Regenwald. Hier gibt es immer wieder flatternde Besucher:innen in den Dächern, und auch die besten Tricks sind nicht gut genug, um die kopfüber hängenden ungebetenen Gäste zuverlässig zum Wegflattern zu überreden. Weiß man aber um die besondere Rolle der Fledermäuse in der Kakao-Produktion, findet man die Untermieter im Dachstuhl gleich gar nicht mehr so schlimm, empfindet vielleicht sogar Wertschätzung, denn: Der frisch hergestellte Kakao aus der Gemeinschaft schmeckt einfach nur köstlich!
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3. Das große Krabbeln: Ameisen sind Teil des Business-Modells
Ameisen sind die kleinen, aber unersetzlichen Kämpfer der Natur. Auf den Kaffeeplantagen in Mittelamerika ersetzen Ameisen oft Pestizide: Sie jagen Blattläuse und Raupen, die Kaffeepflanzen schaden – und auch hier zahlt sich Artenvielfalt aus, denn jede Ameisenart hat andere Vorlieben.
Einheimische Bauern, die mit der Natur arbeiten und nicht gegen sie, profitieren hiervon: Sie fördern die Biodiversität und sparen so Geld und Chemie. Artenvielfalt ist also auch gut fürs Geschäft! Und sorgt dabei auch noch für besseren Kaffee und weniger Gift im Boden.
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In der indigenen Gemeinde Talamanca in Costa Rica steht genau das im Mittelpunkt: biologische Landwirtschaft. Gemeinsam mit V Social haben sich die Gemeindemitglieder fachlich weitergebildet und die notwendigen Fähigkeiten erlernt, um nachhaltig zu kultivieren und damit auch die Ernährungssicherheit vor Ort zu verbessern. Dazu gehört zum Beispiel Bio-Dünger für Bio-Gemüse, für besseren Kakao und mehr Vielfalt auf dem Tisch!
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4. Gegen alles ist ein Kraut gewachsen: Die Natur ist eine Apotheke
Die Natur ist eine Apotheke voller genialer Ideen, von denen sich die Menschen seit Jahrtausenden inspirieren lassen, um ihre eigenen Wehwehchen zu heilen. Der kleine Zebrafisch produziert zum Beispiel Gadusol, um seine Eier vor UV-Strahlen zu schützen. Das half Forschern dabei, UV-Schutzmechanismen zu verstehen – und daraus neue Sonnencremes herzustellen.
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Und natürlich das berühmte Beispiel: Aus Schimmelpilzen gewannen wir Penicillin, das Millionen von Leben rettete. Der Pazifische Eibenbaum lieferte Wirkstoffe gegen Brustkrebs, und besonders in tropischen Regenwäldern schlummern bis heute noch unzählige unentdeckte Heilmittel.
Besucht man zum Beispiel die indigene Hebammengemeinschaft Amupakin in Ecuador, kommt man schnell ins Staunen: Es gibt “Chacras”, Gärten für Heilpflanzen indigener Gemeinden – und sie beherbergen viel wertvolles Wissen und Hausmittel für allerlei Problemchen. Besonders Frauen finden hier Heilmittel für Probleme, die in der westlichen Medizin bis jetzt nur begrenzt behandelt wurden.
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Trotzdem verschwinden täglich Arten, bevor wir sie erforschen können. Wenn wir die Artenvielfalt bewahren, halten wir den Generationen der Zukunft also auch die Möglichkeit offen, das medizinische Potenzial der Natur weiterhin auszuschöpfen, sodass Krankheiten geheilt und Menschen gesund leben können.
5. Jeder Baum ist ein Baum des Lebens
Hast du gewusst, dass in einem einzigen Baum im Regenwald mehr als 500 Tierarten leben können? Stell es dir wie einen riesigen Wolkenkratzer voller Wohnungen vor. Insekten, Vögel, Säugetiere – es kreucht und fleucht, und alle Arten leben miteinander und voneinander. Einige bestäuben Blüten, andere fressen Schädlinge, wieder andere verbreiten Samen.
Verschwindet eine Art, gerät das Gleichgewicht aus dem Takt. Ist die Biodiversität jedoch hoch, sorgt das dafür, dass das Gleichgewicht wieder hergestellt werden kann und alle Funktionen im Ökosystem stabil bleiben. Jeder Baum ist also nicht nur Pflanze, sondern ein ganzer Lebensraum – und jeder Baum zählt.
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Und genau aus diesem Grund unterstützen wir die Gemeinschaft Yunguilla in den ecuadorianischen Anden. Die Leute in diesem Dorf engagieren sich nicht nur leidenschaftlich für die Bewahrung ihres indigenen Kulturerbes, sondern machen sich ebenfalls für die Bäume im Nebelwald des Yunguilla-Naturreservates stark. Diese sind ein Zuhause für viele Tierarten, wie zum Beispiel Kolibris, Tapire, Wildkatzen und Andenbären.
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6. Plants for Future: Biodiversität ist ein natürlicher Klimaschützer
Aber nicht nur wegen seiner Bewohner verdient jeder Baum, jedes Stück Wald geschützt zu werden. Verschiedene Pflanzenarten – Moose, Wälder, und unter der Wasseroberfläche die Seegraswiesen – speichern enorme Mengen CO₂. Und spätestens seit Greta wissen wir alle: CO₂ und andere, von uns Menschen in großen Mengen ausgestoßene Gase sind für den Treibhauseffekt und damit für die Klimakrise verantwortlich.
Besonders artenreiche Ökosysteme wie Feuchtgebiete oder Urwälder sind ideale CO₂-Senken: die speichern dauerhaft Kohlenstoff und kühlen gleichzeitig das Mikroklima, also das Klima vor Ort.
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Nicht zu vergessen sind Mangrovenwälder: richtige Hotspots für Biodiversität mit einer Menge Kapazität für CO₂-Speicherung. An der kolumbianischen Küste des Karibischen Meeres hat sich die einheimische Fischergemeinde La Boquilla ganz dem Schutz der örtlichen Mangroven verschrieben. Was sie sich dazu alles einfallen lassen, kannst du in diesem Blogartikel lesen!
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Je vielfältiger das System, desto stabiler und effektiver ist dieser CO₂-Speicher. Wenn Arten sterben oder Lebensräume zerstört werden, wird gebundenes CO₂ freigesetzt, und das befeuert zusätzlich den Klimawandel. Auch wenn man diese Effekte nicht sofort sieht, sind sie doch da, und eine sehr echte, schleichende Bedrohung für den ganzen Planeten.
Wer Biodiversität schützt, schützt also auch das Klima, sich selbst, und die Zukunft aller!